MOTORSPORT AKTUELL, 02.05.2001

Woran hapert's im Prost-Team?
"Es gab keine Magie"

Mathias Brunner

Gute Wintertests, aber null Punkte – was ist mit dem Prost-Team los?

Im Winter sah alles so gut aus. Ihr habt Ferrari-Motoren gekriegt, die Testzeiten waren sehr ermutigend. Was ist seither schief gegangen?
Eigentlich nichts! Die Leute sind überraschter als wir. Die guten Rundenzeiten wurden gefahren, als wir das einzige Team mit Michelin-Pneus vor Ort waren. Williams war in Südafrika. Wir erhielten die Möglichkeit, neue Entwicklungen testen zu dürfen, das kühlere Wetter kam uns entgegen, wir fuhren teilweise mit wenig Sprit, um das Verhalten der Reifen zu studieren. Beim Estoril-Test waren nur drei Teams da, wir, Benetton und Arrows. Die sind auch heute hinter uns. Wenn die Top-Teams damals in Barcelona und Estoril gefahren wären, würdest du die Frage nicht gestellt haben. Es gab keine Magie, die auf einmal verflogen wäre. Ich bin nicht so unzufrieden, vor allem nicht, wenn ich an 2000 denke. Wir hatten ein sehr schwieriges Jahr, es war kaum Geld da. Aus dieser Sicht haben wir grosse Fortschritte erreicht. Wir sind noch im Aufbau.

Warum war es notwendig, Mazzacane jetzt auszuwechseln?
Die Ergebnisse sprachen für sich. Leicht ist es uns nicht gefallen, vor allem mir als Ex-Rennfahrer nicht, Ich helfe gerne Piloten und empfinde keine Freude daran, eine solche Entscheidung zu treffen. Als wir mit Sponsor PSN verhandelten, ermunterten sie mich, Gastón zu verpflichten. Wir entschieden gemeinsam, Mazzacane eine Chance zu geben. Aber wir legten auch gemeinsam fest, ihn nötigenfalls auszutauschen, wenn die Resultate ausbleiben. Es gab gewisse Kriterien, die er erfüllen musste. Leider gerieten wir an einen Punkt, an dem die Schlagkraft des Teams zu leiden begann, also mussten wir handeln. In vielen Teams ist ein Pilot regelmässig schneller als der andere, aber wenn der Abstand zwischen den Fahrern so gross ist, wie es bei uns der Fall war, dann besteht die Gefahr, dass die Leute lustlos werden. Am Ende arbeitest du nur mit einem Auto, weil auch technisch zu wenige Informationen rüber kommen. Es spielt ferner eine Rolle, dass der andere Pilot zu wenig angetrieben wird.

Dann musst du mit dem Debüt von Burti sehr zufrieden sein?
Ja, aus obigen Gründen. Er kam, kannte das Auto kaum – abgesehen von zwei Runden in Silverstone, im Platzregen – und war am Ende schneller als Alesi. Aber mir war vor dem Barcelona-GP klar, dass er ein überaus hartes Rennen haben würde. Er sitzt nicht perfekt im Auto, und wir haben keine Servolenkung. Das müssen wir so schnell als möglich ändern. Burti hat bei der Abstimmung sehr geholfen und Alesi ein gutes Duell geliefert. Wir sind happy.

Es gibt viele sponsorlose Stellen auf dem Prost. Können wir im Laufe der Saison mehr Geldgeber erwarten?
Ja. Klar ist es schlecht, leere Flächen auf dem Rennwagen zu haben. Aber ich darf versichern, dass wir genügend Geld für die ganze Saison haben. Ich muss langfristig denken. Ich will das Auto nicht mit vielen kleinen Partnern zupflastern. Ich denke finanziell nicht an 2001, sondern weit darüber hinaus. Ein Ausverkauf kommt für micht nicht in Frage.

Ist die Zigarettenmarke Camel ein Thema?
Ein Team wie wir spricht mit vielen möglichen Partnern. Ich kenne diese Gerüche, die vor allem aus Deutschland kamen. Aber da gab es nichts für 2001.

Wir waren erstaunt, weil Japan Tobacco bereits eine Marke in der Formel 1 hat – Mild Seven bei Benetton.
Das ist richtig. Was allerdings in der Zukunft passieren wird, kann ich nicht beantworten.

Es wurde gesagt, dass du in Detroit warst, um mit General Motors über eine Zusammenarbeit als Motorenpartner zu sprechen.
Ich war nie in Detroit (Beginnt zu grinsen). Halt, das stimmt nicht, ich habe dort ja Rennen gefahren! Also sage ich: Ich war in letzter Zeit nicht in Detroit. Wir sind mit der Lösung Ferrari glücklich, aber es ist nahe liegend, dass man in der Formel 1 langfristig nur auf eine Art Erfolg haben kann – in Form eines Abkommens mit einem grossen Hersteller. Und davon gibt es nicht mehr viele!

Ein weiteres Gerücht: Die Diniz-Familie wolle mehr Anteile am Team übernehmen.
Momentan ist das kein Thema. Die Diniz-Familie ist Minderheits-Teilhaber und hilft, Geldgeber zu finden. Die Gerüchte kenne ich, aber ich will sie nicht kommentieren. Zu verkaufen ist sowieso alles, es hängt immer nur vom Preis ab. Langfristige Geldgeber, ein Werk als Partner – das sind meine Prioritäten.





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