MOTORSPORT AKTUELL, 25.09.1985

Helmut Zwickl sprach mit WM-Leader Alain Prost
"Was Niki in Zandvoort mit mir machte, war fast gefährlich!"


Was macht es für einen Unterschied, wenn man beim Kampf um den WM-Titel Lauda zum Gegner hat wie letztes Jahr oder heuer einen Alboreto?
Das ist für mich ein grosser Unterschied. Letztes Jahr hatte ich einen Gegner, der im gleichen Auto sass. Heuer ist alles viel leichter, denn ich habe das bessere Auto als mein Widersacher Alboreto.

1984 war die McLaren-Überlegenheit noch viel grösser, doch per Saldo habt ihr auch heuer das beste Formel-l-Auto der Saison.
Ja, wir sind überall Spitze, überall konkurrenzfähig. Nur in Detroit waren wir schwach, wegen unserer Bremsen. Und wenn wir im Training auch nicht immer die Schnellsten sind, im Rennen muss uns erst einer davonfahren.

Noch beim abgesagten Belgien-GP Ende Mai hast du dich bei Porsche über zu wenig Power beklagt. Aber im Laufe der Saison habt ihr Nachschub erhalten.
Ja, haben wir. Nicht allzu viel, aber immerhin. Nicht nur fürs Zeittraining, sondern auch fürs Rennen. Wir haben unter anderem neue Turbolader bekommen. Aber das war wichtig. Selbst wenn wir im Qualifikationstraining immer noch 40, 50 oder 60 PS zu wenig haben, so sind wir imstande, bis auf Zehntelsekunden an die Stärkeren heranzukommen.

Du wirkst heuer viel entspannter als 1984, du wirkst nicht so verbissen. Hast du deine Lebensphilosophie geändert?
Na, ich glaube, ich war schon letztes Jahr ganz locker. Vor zwei Jahren, als ich noch bei Renault fuhr, da war ich alles andere als entspannt. Seit ich McLaren fahre und in der Schweiz lebe, geht's mir und meiner Familie recht gut. Ich gönne mir sehr viel Ruhe zwischen den Rennen, und da alles so gut läuft in der Formel 1, bin ich ein durch und durch zufriedener Mensch.

Nach seinem Zandvoort-Sieg hat der Niki Lauda gesagt, Prost werde so oder so Weltmeister. Er braucht gar keine Hilfe. Aber irgendwie wäre es verständlich, wenn du wegen dieses Lauda-Sieges verärgert wärst.
Da sind zwei Sachen. Zuerst: Alles ist eine Frage der Ehrlichkeit. Ich habe mit Niki vor dem Rennen gesprochen und ihn gefragt: "Was machen wir? Sollen wir uns bekriegen?" Niki sagte: "Du, ich möchte heute gewinnen." So war's. Ich muss dazu sagen, dass das eine ehrliche Antwort war. Ich wusste, was gespielt wird. Die zweite Sache: Für mich ging es um den WM-Titel, und drei Punkte sind nicht unwichtig. Es war aber ausgeschlossen, dem Niki klarzumachen, dass er mich vorbeilässt. Den einzigen Vorwurf, den ich ihm machen könnte, ist der, dass er die letzten zwei oder drei Runden in Zandvoort sehr hart mit mir umgesprungen ist. Das war fast gefährlich. Und ich hab' ihm das auch gesagt, dass er sich da nicht sehr nett verhalten hat.

Niki hatte eine katastrophale Saison. Wann immer bei euch etwas schief ging, es ging an seinem Auto schief. Glaubst du, dass McLaren an deinem Auto präziser und härter arbeitet als bei ihm?
Schwer zu sagen. Ich bin kein Mechaniker. Aber ich glaube nicht. McLaren ist zu seinen Fahrern immer sehr ehrlich und fair. Und es würde überhaupt nicht den McLaren-Interessen entsprechen, dass man einen Piloten zugunsten des anderen vorziehen würde, denn für die Engländer ist der Gewinn der Konstrukteurs-WM viel wichtiger als die Fahrer-Weltmeisterschaft. Für die Konstrukteurs-WM gibt es Bonusgelder der FOCA. Allein aus diesem Grunde versucht McLaren immer, beide Autos gleich gut vorzubereiten. Ein anderes Beispiel: Ich habe heuer zwei Rennen im Reserveauto gewonnen. Das hätte genausogut Nikis Auto sein können. Nikis Probleme sind also sicher nichts anderes als reines Pech gewesen. Andererseits hat er ein paarmal vielleicht Probleme bekommen, weil er sehr hart gefahren ist. Einfach, weil er gewinnen wollte. Er fährt ja, um ein Rennen zu gewinnen, und nicht, um die WM zu holen.

Welches war heuer dein bestes Rennen?
Mein bestes Rennen, wenn ich es als Ganzes betrachte, war Imola. Und am Schluss wurde ich disqualifiziert. Aber auch in Monza, glaub' ich, war ich recht gut, weil ich einerseits hart um WM-Zähler zu kämpfen hatte, andererseits aber unbedingt ans Ziel kommen musste. Dieser Kompromiss ist schwer zu finden.

Huldigungen für den WM-Titel nimmst du noch keine entgegen?
Ich glaube natürlich, dass es heuer endlich klappen wird. Ich muss aber aufpassen und darf keine Fehler machen.

Wie denkst du über den Südafrika-GP?
Meine Meinung ist diese – vom Standpunkt der Menschlichkeit sollten wir dort unten nicht fahren. Vom sportlichen Standpunkt gesehen sind wir gezwungen, zu starten. Denn es geht um den Titel, und wenn die meisten fahren, so muss auch ich fahren. Doch es wäre am besten, wenn man das Rennen absagen würde.



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